Sinn und Unsinn von Gentests in der Rassehundezucht

Auf Grund des heutigen Standes der Medizin und der immer weiter forschenden Labore, können bereits einige Gentests auf Erberkrankungen beim Collie genutzt werden.

CEA/CH - Dieser Gentest beschränkt sich einzig und allein auf die sowieso milde Form der CEA ( Collie Eye Anomalie) nämlich der CH (choroidale Hypoplasie). Bei der CH wir ein Collie zeit seines Lebens nie erblinden. Anders sieht es bei Kolobomen und Netzhautablösungen aus. Diese deckt der Gentest aber nicht ab. Bisher ist es auch noch keinem Labor gelungen die hierfür zuständigen Gene zu separieren. Das bedeutet das ein Welpe auch wenn er von 2 CEA/CH genetisch freien Eltern abstammt, durchaus Kolobome oder gar Netzhautablösungen zeigen kann, daher sollten Welpen nach wie vor bis zur 9. Woche von einem fachkundigen Tierarzt untersucht werden, wenn man vorhat damit zu züchten.

MDR1 - MultiDrugResistance, ist eine sehr häufig gerade bei britischen Hütehunden vorkommende Medikamentenunverträglichkeit. Schon seit Jahrzehnten ist Tierärzten bekannt das insbesondere Hütehunde heftigste Vergiftungserscheinungen nach Einnahme von Ivermectin ( Entwurmungsmittel für Nutztiere) zeigen bis hin zum Tod. Inzwischen wurde hierfür ein Gentest entwickelt und es wird bei der Uniklinik Giessen eine Medikamentenliste geführt, welche als gefährlich eingestuft werden. MDR1 betroffene Hunde sind keineswegs kranker als andere, auch wenn das immer wieder gern behauptet wird. Ich selbst besitze 3 Langhaarcollies jeder hat ein anderes Ergebnis und sie werden staunen ausgerechnet der auf MDr1 genetisch frei getestete ist der empfindlichste!!! Es kommt also auch hier meines Erachtens auf den einzelnen Hund, seine Ahnen, sein Aufwuchsort , seine Sozialisierung drauf an und nicht auf das Ergebnis des MDR1 Gentests.

DM - Degenerative Myelopathie. Dies ist eine Reihe von langsam verlaufender neurologischer Erkrankung, die niemals schmerzhaft ist. Zudem kann sie meist erst beim alten Hund ( ab dem 5. Lebensjahr)auftreten. Der Hund wird langsam aber stetig Bewegungstörungen zeigen bis hin zur völligen Lähmung. Tierärzte gehen beim Erkennen der Erkrankung nach dem Ausschlussverfahren, da auch andere neurologische wie auch toxigologische Erkrankungen die selben Symptome aufweisen. Sicher ist nur eine Diagnose per MRT oder durch eine Autopsie. Der hierfür von den Laboren angebotene Gentest wurde anhand des beim Deutschen Schäferhund nachgewisenen SOD1 - Gens entwickelt, ist aber keinesfalls aussagekräftig für alle anderen Rassen auch wenn diese ebenfalls ein SOD1 - Gen tragen

Das sind derzeit nur die 3 hauptsächlich erwähnten und teilweise in manchen Zuchtvereinen schon vorgeschriebenen Gentest beim Collie. Es gibt dann noch den Test auf das Grey Collie Syndrom, Eine Autoimmunerkrankung die eine silbergraue Fellfärbung verbunden mit einer Störung des Blutbildes aufweist. In Deutschland ist mir keine Collielinie bekannt wo dies schon einmal aufgetreten ist und auch in Amerika ist es sehr sehr selten und von daher eigentlich nicht erwähnenswert. Trotzdem testen gerade Züchter die mit amerikanischen Linien züchten oft auf GCS als ob alles Böse aus Amerika kommt .
Manche testen auch auf MH - Maligne Hyperthermie und JRD - Juvenile Renal Dysplasie ( eine Nierenerkrankung), oder gar auf von-Willebrandt2 . Wenn man alle Gentests nutzen würde die angeboten werden, egal ob für den Collie gemacht oder nicht, müsste man mindestens 21 Tests machen lassen. Was das bei einem Preis pro Test von 40 -140€ alleine an Kosten verursacht brauch ich glaube ich nicht auszurechnen.
Warum gibt es dann Züchter und auch Vereine die immer wieder darauf pochen? Nun da gibt es mehrere Gründe.

1. Liest es sich ja gut wenn ein Welpeninteressent liest oh die Elterntiere sind genetisch frei = folglich gesund, Nur was ist wenn andere Erkrankungen wie Schilddrüse, Bauchspeicheldrüse, Herz oder Epilepsie auftreten? Auch solche Erkrankungen sind durchaus vererblich, werden aber weder in den Zuchtordnungen der Vereine geschweige denn von betroffenen Züchtern erwähnt. Für einen offensichtlich anhand von Gentest gesunden Welpen kann man ja auch gleich viel mehr Geld verlangen, so sind Spitzenpreise bis 2500,-€ nicht selten. Das kann man aber auch für einen Collie bezahlen der nicht getestet wurde nur mal so am Rande.

2. Gerade kleinere Verein die um Mitglieder kämpfen müssen um gegen den großen Monopolisten VDH zu bestehen, müssen sich ja irgendwie abgrenzen und hervor tun. Also verlangen sie strengere Regelungen der Zuchtzulassung ohne auch nur einen Blick auf das Gesamtbild Hund zu verschwenden. Warum sonst gibt es so viele unterschiedliche Collietypen alleine in Deutschland obwohl alle immer wieder behaupten das nur nach dem Originalstandard gezüchtet und gerichtet wird.

 3. Gibt es immer wieder Züchter egal ob bei den Hunden, Pferden, Kleintieren oder was auch immer , die sich hervor tun müssen. Sei es um die Welpen besser zu verkaufen, sei es einfach um ihr eigenes Ego zu befriedigen usw. Es gibt komischerweise in kaum einem sozialen Umfeld wie dem eines Züchters mehr Neid und Mißgunst als anderswo. Und das obwohl doch aus logischer Sicht alle zusammen arbeiten sollten. Aber das ist nun mal die Natur des Menschen.

Was ist dann also wirklich Sinnvoll? Auf Gentests und Untersuchungen pochen oder nicht. Dazu muss man erst einmal das Gesamtbild betrachten. Es gibt einen Standard ( der leider auch mit den Jahren immer wieder mal umgeschrieben wurde) der vorgibt wie ein Collie auszusehen hat.  Schon da gibt es erste Probeme, Denn was der Standard vorgibt und wie ihn manch Züchter und Richter auslegt sind schon 2 verschiedene Paar Schuhe. Dieser Standard schreibt auch in gewissen Punkten das Wesen, die ursprünglichen Charaktereigenschaften des Collies vor. Und schon gehts los. Inzwischen gibt es von hochaggressiv bis hyperängstlich alles was man an Charaktereigenschaften reinzüchten kann. Aber sollte damit wirklich auch weiter gezüchtet werden?
Das nächste Problem ist die Bewegungsfreiheit. Ein Collie sollte über dem Boden schweben, sich frei bewegen und auch im Gelände in der Lage sein sicher und standfest seinen Weg zu gehen. Doch was sieht man auf Ausstellungen oder bei manchen Züchtern? das genaue Gegenteil. Und trotzdem bekommen diese Hunde ihre Zuchtzulassung.Dann gibt es wie gesagt allgemeine Erkrankungen die sich über Jahrzehnte in die Rassehundezucht eingeschlichen haben wie z.b. die HD. Ja eine HD Untersuchung ist wichtig, aber bitte unter der Berücksichtigung der neuesten Erkenntnisse. Es gibt Züchter die nutzen heute bereits ein Frühröntgen bis zur 20. Lebenswoche, das in den USA entwickelt wurde und etwas von der herkömmlichen HD Untersuchung in Punkto Lage und Narkose abweicht. Andere wiederum behaaren auf dem Stand ihre Hunde erst mit 3 Jahren zu röntgen, weil sie erst dann wirklich fertig sind. Nur ist da dann das Problem man kann gar nicht mehr feststelle ob es eine angeborene oder erworbene HD ist.
Denn wie neueste Studien beweisen ist falsche Fütterung, falsche Bewegung und eventuelle Unfälle die häufigste Ursache von HD.
Sicherlich können uns die Gentests auch helfen bislang bekannte Erberkrankungen in der Zucht zu bekämpfen, aber wenn ich  Zahlen sehe das beim Bekanntwerden der Gentests 70 - 80% der Collies CEA/CH affected und MDR1 affected waren, was sich jetzt inzwischen auf vielleicht 50 -60% reduziert hat, was soll es dann bringen darauf zu pochen nur noch affected, also betroffene Hunde mit genetisch freien Hunden zu verpaaren? Zumal man ja auch nicht vergessen darf in den Laboren sitzen Menschen und Menschen machen auch Fehler. Wenn man auf so eine Regelung pocht, wie es manche Vereine verlangen, reduziert sich der Genpool gleich mal mindestens um die Hälfte. Da aber auch dann nur Träger Tiere mit genetisch freien verpaart werden dürfen , kommt nochmal eine Verringerung um weiter 25% dazu. Was haben wir dann noch für einen Genpool? Was ist den einer der wichtigsten Grundsätze in der Zucht? Vermeidung von sogenannten Popular Sires. Also einzelne Deckrüden die von jedem genutzt werden, nur weil es der Verband so vorschreibt. Und was passiert dann?  schon hat man in der nächsten Generation haufenweise miteinander verwandte Halbgeschwister die man eigentlich nicht verpaaren sollte , weil dann wiederum versteckte Fehler, wie Unfruchtbarkeit , Einhodigkeit, Knickruten und dergleichen auftreten. Hat uns nicht die Evolution eines gelehrt?
Die Natur findet immer einen Weg und wenn es durch Mutationen ist. Bumm und schon ist unsere so geliebte Rasse der majestische Collie, die von allen geliebte Lassie krank- und totgezüchtet .

Sehr interessant hierzu auch das Thema Epigenetik und noch mehr zu diesem Thema

2 Kommentare:

  1. Hallo Cora, der Nierentest JRD hat nichts mit der Retina ( Netzhaut) zu tun, sonder heißt richtig Junvenile Renal Dysplasie. MfG Marianne Hege-Boro Collies und Kleinspitze vom Kaltwassertal

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  2. Danke Marianne für den Hinweis trotz mehrfachen drüber Lesens entgeht manchmal ein Schreibfehler.
    LG Cora

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